Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt; vor Vervielfältigung und/oder Weitergabe setzen Sie sich bitte mit dem Rechte-Inhaber in Verbindung: Peter J. Gollnik, Nierott 30, 24214 Gettorf
Dies ist die Schilderung einer (mehrteiligen) Wanderung: Von den Karpaten durch die Hohe Tatra, die Sudeten, bis ins Erzgebirge, den Böhmer Wald. Und es ist auch die Schilderung einer Begegnung mit der Geschichte.
Pawel,
Speditionskaufmann aus Gdingen, Tageswanderer mit leichtem Gepäck,
reicht gern sein Fernglas herüber: Von der Velická Kopa
gegenüber seilt sich eine Bergsteigergruppe ab. Wer ihnen
zu lange zusieht, hat Pech gehabt: Zwei Stunden später,
auf 1900 Metern Höhe am Batizovské-Bergsee, muss
gerechnet werden. Gut zwei Stunden bis zum Ostrva-Sattel - dann
setzt die Dämmerung ein; dann eine Stunde im Zickzack von
2000 auf 1500 Meter hinunter - da wird's stockfinster; keine
Sicherheitsspanne, kein Raum für Unvorhergesehenes: Also
zurück. Reichlich vor Dämmerungsbeginn Wieder-Einkehr
dort, wo auch er vorige Papst schon die Toilette besuchte. 675
slowakische Kronen kostet die Bleibe - im 4-Bett-Zimmer, doppelstöckig.
"Single-Room?" Unverständnis, "nein".
Hochgebirge ist eben Hochgebirge. Dafür sind "Dinner"
und "Breakfast" drin im Preis, Breakfast "ab 5
Uhr" mit heißem Tee aus dem Riesenkessel, soviel man
trinken mag. Auf
Stube 115 trudelt wenig später Karol ein, aus Polen sei
er an der Gerlsdorfer (Gerlachovský-) Spitze vorbei gekommen,
morgen wolle er auf den Rysy und zurück nach Polen. Der
Mann macht lange Schritte. Nach "Dinner" und der angemessenen
Zahl an "Rebel"-Bieren
(37 slow. Kronen = 1 Euro) gegen die Dehydrierungsgefahr ist
ein Stockwerk höher Stube 115 voll belegt - drei Mann leise
schnaubend, nun sind's vier. Gemächlicher
neuer Anlauf um 8 Uhr morgens, da ist viel Zeit. Hinter dem Batizovské-See
nehmen immer mehr Wolkenfetzen die Sicht, von den 2500 Metern
des Koncistá ist kein einziger zu sehen. Auf dem Nebenkamm,
am 2000er Ostrva, wird es wieder Licht - 500 Meter steil in die
Tiefe der Blick auf den Poprader See und das Berghotel. Als dessen
erstes Vorgängerhotel 1890 gebaut wurde, sprach man hier
noch ungarisch - und die Handwerker deutsch. Tatranska
Magystrala: "Nice
to see you, Peter" - Karol, der Trekker mit den langen Schritten,
überholt, grinst, verschwindet in den Wolken-Nebeln. Kann
sein, dass er auf seinem Weg zum Rysy (Meeraug-Spitze, höchster
Berg Polens) am Abzweig hinter dem See-Berghotel (Spitzen-Gulaschsuppe,
freundlichste Bedienung, auch wenn's hoch her geht) eines der
fünf Kilogramm-Pakete aus dem Schutzkasten mitgenommen hat;
drei Stunden später oben abgegeben gibt's dafür einen
Gratis-Tee für's Schleppen. Der Hüttenwirt dort oben
macht's jeden Tag - mit 80 Kilogramm von 1500 auf 2250 Meter,
steil, mit Stellen, die nur an Halteketten passierbar sind: Die
Hohe Tatra ist Hochgebirge, mit Kletter-Stellen, mit Pfaden,
die nur im "Einbahnverkehr" gegangen werden dürfen. Peter J. Gollnik, Sept./Okt. 2006
► (III) Ein Friedhof, viele Bunker