Wandern durch die Geschichte

Dies ist die Schilderung einer (mehrteiligen) Wanderung: Von den Karpaten durch die Hohe Tatra, die Sudeten, bis ins Erzgebirge, den Böhmer Wald. Und es ist auch die Schilderung einer Begegnung mit der Geschichte.

Man spricht auch deutsch in den Karpaten(II)

Wo der Papst aufs Klo ging

Pawel, Speditionskaufmann aus Gdingen, Tageswanderer mit leichtem Gepäck, reicht gern sein Fernglas herüber: Von der Auf dem Ostrva _ Foto: Peter GollnikVelická Kopa gegenüber seilt sich eine Bergsteigergruppe ab. Wer ihnen zu lange zusieht, hat Pech gehabt: Zwei Stunden später, auf 1900 Metern Höhe am Batizovské-Bergsee, muss gerechnet werden. Gut zwei Stunden bis zum Ostrva-Sattel - dann setzt die Dämmerung ein; dann eine Stunde im Zickzack von 2000 auf 1500 Meter hinunter - da wird's stockfinster; keine Sicherheitsspanne, kein Raum für Unvorhergesehenes: Also zurück. Reichlich vor Dämmerungsbeginn Wieder-Einkehr dort, wo auch er vorige Papst schon die Toilette besuchte. 675 slowakische Kronen kostet die Bleibe - im 4-Bett-Zimmer, doppelstöckig. "Single-Room?" Unverständnis, "nein". Hochgebirge ist eben Hochgebirge. Dafür sind "Dinner" und "Breakfast" drin im Preis, Breakfast "ab 5 Uhr" mit heißem Tee aus dem Riesenkessel, soviel man trinken mag.

Auf Stube 115 trudelt wenig später Karol ein, aus Polen sei er an der Gerlsdorfer (Gerlachovský-) Spitze vorbei gekommen, morgen wolle er auf den Rysy und zurück nach Polen. Der Mann macht lange Schritte. Nach "Dinner" und der angemessenen Zahl an Blick vom Ostrva-Sattel auf das Horsky-Hotel am Popradske Pleso _ Foto: Peter Gollnik"Rebel"-Bieren (37 slow. Kronen = 1 Euro) gegen die Dehydrierungsgefahr ist ein Stockwerk höher Stube 115 voll belegt - drei Mann leise schnaubend, nun sind's vier.

Gemächlicher neuer Anlauf um 8 Uhr morgens, da ist viel Zeit. Hinter dem Batizovské-See nehmen immer mehr Wolkenfetzen die Sicht, von den 2500 Metern des Koncistá ist kein einziger zu sehen. Auf dem Nebenkamm, am 2000er Ostrva, wird es wieder Licht - 500 Meter steil in die Tiefe der Blick auf den Poprader See und das Berghotel. Als dessen erstes Vorgängerhotel 1890 gebaut wurde, sprach man hier noch ungarisch - und die Handwerker deutsch.Tatra-Kletterer bei der Ruhepause. _ Foto: Peter Gollnik

 

Tatranska Magystrala: "Nice to see you, Peter" - Karol, der Trekker mit den langen Schritten, überholt, grinst, verschwindet in den Wolken-Nebeln. Kann sein, dass er auf seinem Weg zum Rysy (Meeraug-Spitze, höchster Berg Polens) am Abzweig hinter dem See-Berghotel (Spitzen-Gulaschsuppe, freundlichste Bedienung, auch wenn's hoch her geht) eines der fünf Kilogramm-Pakete aus dem Schutzkasten mitgenommen hat; drei Stunden später oben abgegeben gibt's dafür einen Gratis-Tee für's Schleppen. Der Hüttenwirt dort oben macht's jeden Tag - mit 80 Kilogramm von 1500 auf 2250 Meter, steil, mit Stellen, die nur an Halteketten passierbar sind: Die Hohe Tatra ist Hochgebirge, mit Kletter-Stellen, mit Pfaden, die nur im "Einbahnverkehr" gegangen werden dürfen.

 

Peter J. Gollnik, Sept./Okt. 2006

► (III) Ein Friedhof, viele Bunker