Die Entdeckung Amerikas

Die Expedition nach Amerika - 19 Jahre vor Kolumbus (IV)

Der letzte Nachfahre

Paul Pini, letzter Nachfahre des Amerika-Entdeckers, vor seiner Wohnung in der Wolfenbütteler Cranachstrasse. Foto Peter Gollnik

Paul Pini, letzter Nachfahre des Amerika-Entdeckers, vor seiner Wohnung in der Wolfenbütteler Cranachstrasse. Foto Peter Gollnik.

Pini knüpfte bei seinen Nachforschungen an Erkenntnisse der damaligen Stadtarchivare von Oldenburg und Hildesheim, Dietrich Kohl und Johannes Heinrich Gebauer, zu Beginn der 30er Jahre an, die in alten Urkunden mehrfach auf den Namen Pining (auch Pinnyng, Pinningh oder Pimyng) gestossen waren. [15] zitiert von Pini: Kohl, Hansische Geschichtsblätter, 57. Jg. / Gebauer, Zeitschrift "Alt-Hildesheim", Heft 12, Westermann-Verlag, Braunschweig. Gebauer soll 1932 sogar eine Ausstellung der Hildesheimer Pining-Urkunden und -akten organisiert haben.

Nach Gebauer soll Didrik Pining etwa 1422 als Sohn von Tile Pining und dessen Frau Armgard geboren sein, aufgewachsen in der Strasse "Hölle" im Bezirk der damals gerade im Bau befindlichen St.-Andreas-Kirche, etwa 1448 sein Elternhaus verlassen haben - womöglich gemeinsam mit Hans Pothorst: Auch den machte Gebauer in Hildesheim aus, als vermutlichen Sohn des Berndt Pothorst. Kohl hatte in Oldenburg unter den Jahresangaben 1443 und 1447 einen Gherd Pinningh aufgespürt; Dänemarks König Christiern I. stammt ebenfalls aus Oldenburg; als Graf von Oldenburg hatte er auf seine oldenburgischen Ansprüche zugunsten seiner Brüder verzichtet, nachdem er 1448 (das Jahr, in dem Pining mutmaßlich Hildesheim verlassen hatte) zum dänischen König sowie zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein gewählt worden war.

Der Hildesheimer Stadtarchivar grub auch die Kopien zweier Hildesheimer Ratsbriefe aus, die der Rat der Stadt 1492 ("am Abend von St. Petri Stuhlfeier") an "Johann, König von Dänemark, Norwegen und Schweden" geschickt hatte: "Wir haben zutreffend Kunde, dass der Diener und Amtmann Euer Gnade, der selige Didrik Pyning, in Gott verstorben sei und einige Güter hinterlassen habe…"

Thema des Schreibens ist die Bitte, Pinings Erbe an dessen in Hildesheim ansässige Schwester herauszugeben. Was damals in Kopenhagen wohl nicht so recht auf Wohlwollen stieß: Den zweiten von Gebauer gefundenen Brief schickten die Hildesheimer ("am Tage Johannis des Täufers im Jahre des Herrn, da die Braunschweiger vor Hildesheim lagen") gleichzeitig an Henrik von Minden, "Kaufmann zu Bergen" - von dessen Hansekontor zum Bergenhus des norwegischen Reichsrates schien den Hildesheimern wohl ein kürzerer Weg.

Piningstrasse

Strassenschild "Piningstrasse" in Hildesheim, der Geburtsstadt des Amerika-Fahrers. Die Strasse wurde in den 1930er-Jahren so benannt; sie liegt weitab vom einstigen Wohnsitz der Pinings in der sogenannten Neustadt. Foto Peter Gollnik

Nach den Funden vor allem Gebauers wurde Pining in der deutschen NS-Zeit zum arischen Heros aufgeblasen. "Ach, alle Reiche, die Diderik Pining sah…", schrieb ein Arno Mulot[16] Arno Mulot, "Die Deutsche Dichtung unserer Zeit", 1944 ; als "einen der gewaltigsten Seefahrer… , der… 20 Jahre vor Columbus von Island aus Amerika fand und vergeblich sein Volk anrief, ihm zu folgen" bedauerten Paul Averdes und Karl Benno von Mechow [17] Paul Averdes, Karl Benno v. Mechow, "Das innere Reich", 1934 die ergebnislose Odysee; der völkische Prophet Hans Friedrich Blunck dichtete: "Pothorst sah, wie die Hauptleute an seinen Lippen hingen"[18] Hans Friedrich Blunck, "Die große Fahrt", 1939 ; ins deutsche Lehrbuch gar gelangte der Satz "in wundersamer Weise zeigt sich im niederdeutschen Wesen jene … Verbindung von Heimatbewußtsein und Fernweh, die den Seemann immer aufs neue auf die große Fahrt zu unbekannten Weiten…"[19] Karl Haushofer, Hans Roeseler, "Das Werden des Deutschen Volkes", 1939 ; der "Nationalsozialistische Lehrerbund" nahm sich Pinings und Pothorsts auf seiner "ersten Geschichtstagung" in Bremen an[20] Nationalsozialistischer Lehrerbund, Vorträge "Vergangenheit und Gegenwart", 1935 ; desgleichen erwähnt das "Handbuch für den Deutschunterricht" [21] Rudolf Murtfeld, "Handbuch für den Deutschunterricht", 1938 den Hildesheimer "Diderik" Pining.



PETER J. GOLLNIK



► Teil 1: 21. April 1925 - Ein Bibliothekar rüttelt an der Geschichte

► Teil 2: Die Olaus-Karte - Was ein Kieler dem Dänenkönig schrieb

► Teil 3: Die Fahrt nach Westen - "Mit Gottes Hilfe" zum Ericsfjord

► Teil 4: Paul Pini - Der letzte Nachfahre des Amerika-Entdeckers

► Teil 5: Pinings "Pilotus" - War es Columbus?



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